Corona-Tagebuch: Tag 076

3.06.2020

Aufgeregte Spatzen hatte ich heute Nachmittag schon im Pfirsichbäumchen. Eine ganze Schar, die wohl um einen leckeren Krümel stritt. Nun, am Abend, zwei im Hof. Ihre Aufregung war von anderer Art. Die Ursache: ihr Spatzenjunges hüpfte auf dem Boden herum. Sie lockten ihn, fühlten sich von mir gestört. Er verschwand hinter einem Blumentopf, ich wollte ihn aus der Ecke scheuchen. Er hüpfte flink ins Haus. Die Tür stand weit offen. Nein, Spatz, hier kannst du nicht bleiben! Auf dem Hof herumzuhüpfen ist gefährlich, weil zwei Kater hier ihr Revier haben. Vor denen wärst du im Haus in Sicherheit, aber deine Eltern finden dich nie wieder. Und offensichtlich brauchst du noch ein paar Unterrichtsstunden im Fliegen, vermutlich auch noch einige fette Würmer. Er war sehr flink. In meinem Kopf war sofort der Satz: Wildtiere nie anfassen! Aber er suchte natürlich eine Ecke, um sich zu verstecken und dachte gar nicht daran, zum Ausgang zu hüpfen. Also warf ich ein Geschirrtuch über ihn, griff zu und trug ihn nach draußen. Ich ließ ihn frei. Er verschwand in einer Ecke. Die Eltern sah und hörte ich nicht mehr. Die Kater, ja, die beiden Kater, die interessieren sich nicht für Spatzen, die still in einer Ecke sitzen. Einer ist nahe herangeschlichen. Woher wusste er nur, dass da wer sitzt? Er hat geschnuppert und ist weitergegangen. Ich stelle mir vor, wie das aus der Perspektive des Spatzen aussah: Die Katerschnauze ganz nah vor ihm. Ich hoffe, er sitzt lange genug still, der kleine Spatz.